Reisebericht zur Sonnenfinsternis in Oregon

Mindestens einmal im Leben eine totale Sonnenfinsternis zu erleben, das wünscht sich wohl jeder Sternenfreund. Bisher hatte ich immer nur partielle, zumeist hinter Wolken versteckte, Finsternisse erlebt und habe zunächst auch meine Erwartungen nur wenig hoch geschraubt. Ein paar Minuten ist die Sonne weg und dann wieder da, kein Ereignis, für welches sich die Reise um die halbe Welt lohnt, oder doch? Gemeinsam mit der Familie war ich von San Francisco in Kalifornien nach Oregon mit dem Wohnmobil unterwegs und als Highlight der Reise war die visuelle Beobachtung der Sonnenfinsternis in Madras/Oregon geplant. Dieser Ort war von Sky & Teleskope und Sterne und Weltraum als der Ort mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für unbewölkten Himmel empfohlen worden; ein Umstand der zu ungewöhnlich hohem Verkehrsaufkommen und ausgebuchten Campingplätzen geführt hat. Mit zunehmender Reisevorbereitung ist das Highlight immer mehr zum dominierenden Element geworden – hatten wir genug Wasser, würden wir im Stau stecken bleiben oder sonst ein Ausnahmezustand eintreten? In der Tat war der nur für die Sonnenfinsternis angelegte grosse Platz ausgebucht, aber das Chaos blieb aus. Lediglich die Duschen waren 2 Tage nicht benutzbar, weil die Versorgungslaster im Stau stecken blieben.

Als Beobachtungsgeräte hatten wir dabei ein Baader Vario Finder 60/250mm mit einem Gesichtsfeld von 4 Grad und einem aus Baader Folie gefertigten Sonnenschutzfilter, diverse Feldstecher, eine EOS 700D auf Stativ und natürlich ausreichend viele SoFi Brillen. Die APM Sonnensichtbrillen (Sonne gelb) haben dabei etwas besser gefallen als die Baader AstroSolar Silver/Gold Brillen (Sonne weiss/blau). Die Unterschiede sind natürlich Geschmackssache. Natürlich darf man die Korona ohne Sonnenschutz nur während der totalen Sonnenfinsternis betrachten.

Damit die Sonnenfinsternis einen guten Start hat, hat eine Gruppe von Native Americans verschiedene Tänze aufgeführt – hoffentlich war kein Regentanz dabei. Bei einem ging es, so weit ich verstanden habe, darum das Gras platt zu treten, warum oder wozu das gut war habe ich leider nicht mitbekommen. Die Tänze machten auf jeden Fall gute Laune:

 

Klima ist was man erwarten darf, aber Wetter ist was man bekommt. Am Tag vor der Finsternis, am 20. August war es am Vormittag noch bewölkt – Cumulus Wolken und dicke Rauchwolken weil die Farmer ausgerechnet an diesem Tag noch ihre Abfälle abbrennen mussten und es in der weiteren Umgebung Waldbrände gab. Am Abend war der Himmel jedoch zunehmend klarer und die Prognose sah eine klare Nacht und unbewölkten Himmel für den Folgetag aus.

Vor der SoFi in Madras/OR gab der Himmel sein Bestes, um die Spannung dramatisch zu steigern. Hier der Himmel am Vorabend um 18:00. Ein Halo um die Sonne wird von Staubwolken teilweise verdeckt. Ein Drache nähert sich der Sonne – hatten die alten Chinesen doch recht?

Am Morgen des 21. Augusts war es dann soweit, doch der Himmel war wieder stärker bewölkt und Rauchwolken zogen auf. Die schlechte Aussicht führte dazu, dass zumindest einer die Nerven verlor, seine Sachen zusammenpackte und nach Osten (oder in den Stau?) aufbrach. Würde sich die Korona der Sonne am Ende hinter den Wolken verstecken und die Sonne uns im Dunkeln stehen lassen?

Kurz nach 9:06 war es dann soweit und der Mond schob sich vor die Sonne. Das Foto entspricht recht gut dem Eindruck im Teleskop.

 

Der Anfang der Sonnenfinsternis festgehalten von Piero Tami in Lime/Oregon.

 

Soweit war der Anfang noch nicht sehr spektakulär. Trotzdem stellte sich ein komisches Gefühl ein, während wir uns der exakten Linie Sonne-Mond-Erde näherten. Die Vorfreude stieg! Um 10:19 begann dann die Totalität, d.h. der Mond verdeckte die ganze Sonne und lies nur noch die Korona und Protuberanzen hinter dem Mond hervorscheinen. Zunächst sah man noch den Diamantring-Effekt, wobei das Foto nicht mehr an die Wirklichkeit herankommt. Der ‚Diamant‘ war extrem hell – ein Blick in den Himmel war immer noch für die Augen gefährlich – einmal kurz blinzeln durften wir aber.

Diamantring-Effekt am Anfang der Totalität, festgehalten von Piero Tami in Lime/Oregon.

Die vielen Menschen in der Umgebung schreien begeistert auf – alle sind in Hochstimmung. Dann verschwand die Sonne ganz, es wurde merklich dunkler, und die Korona konnte mit dem Fernrohr ohne Sonnenfilter oder dem blossen Auge am Himmel betrachtet werden. Die Bilder geben jetzt nur noch einen sehr schwachen Eindruck der Sonnenfinsternis wieder. Im Teleskop sahen wir rings um den Mond feurig rote Protuberanzen und schwächer aber immer noch sehr hell die wie Haare nach aussen gezogene Korona.

Totalität festgehalten von Piero Tami in Lime/Oregon.

Totalität festgehalten von Piero Tami in Lime/Oregon.

Die kurze Zeit der Totalität verging viel zu schnell, schon zählten wir die Sekunden bis zum erneuten Diamantring-Effekt, als die Protuberanzen am Mondrand deutlich heller wurden. Höchste Zeit nicht mehr durchs Teleskop zu schauen. Die letzten Sekunden noch die Korona mit dem blossen Auge bestaunen, schon bricht die Sonne hinter dem Mond hervor und die Sonnenfinsternisbrille zeigt wieder nur einen ganz schmalen Rand.

Diamantring Effekt am Ende der Totalität, festgehalten von Piero Tami in Lime/Oregon.

Was bleibt sind ein paar unauslöschbare Erinnerungen an ein aussergewöhnliches Ereignis und die in Sterne- und Weltraum angekündigte Suchtwirkung auf totale Sonnenfinsternisse. Während die ersten gleich die Zelte abreissen, sehen wir uns noch brav den Abspann an bis die Sonne wieder unbedeckt ist. Eine Abreise am selben Tag scheint sowieso eher mit stundenlangen Staus verbunden. Von Piero Tami, der unweit in Lime/Oregon die Bilder gemacht hat, erhalte ich noch die Nachricht „Bei uns war es auch fantastisch. Besser hätte es nicht sein können… Himmel klar, viele Leute, sympathische Atmosphäre“

2 Gedanken zu „Reisebericht zur Sonnenfinsternis in Oregon

  1. Englmaier Horst sagt:

    Hallo lieber Peter, dein Vater hat den umfangreichen und sehr aussagefähigen Bericht gelesen und nicht schlecht gestaunt über die exzellenten Bilder. Man merkt eben das starke Interesse an dem nun zum Hobby gewordenen Studium geworden ist.
    Bis auf die zu verzeihenden, kleinen Druckfehler: Ganz Toll – Weiter so !
    L G Horst von Zabo

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